26.05. Seoul

Donnerstag:

Ein Streitauer in Südkorea – oder „Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht.“

Diese Reise habe ich mit einem sehr mulmigen Gefühl angetreten. Was werde ich essen? In Seoul gelandet, bekommen wir unser erstes Essen in einer Autobahnnraststätte. Es gibt parniertes Schnitzel mit Soße, Reis und eingelegtem Gemüse. Ein Essen fast wie bei uns – denke ich mir. Abends im Hotel „Pfannkuchen mit Gemüsereis“, ist zwar kalt, aber doch sehr schmackhaft. Sollte ich mit meinen Erwartungen falsch gelegen haben?

Doch dann der zweite Tag: mittags in einem Restaurant. Knoblauchduft kommt mir entgegen, ich kann nicht atmen. Auf dem Tisch, viele kleine Schlüsselchen mit verschiedenen Gemüsen, Soßen und scharfen Würzpasten. Achja, zum Essen werden alle Gerichte gleichzeitig serviert – dies sollte man wissen, wenn man den Hauptgang (Braten) evtl. noch erwartet. Also zur Suppe, die wie schon erwähnt auf dem Tisch steht. Klare Brühe mit Algen, jedenfalls sah es für mich so aus. Ich kann es nicht essen.
Ich entscheide mich für den Topf Reis, der mit Hackfleisch und Salat vermischt ist. Algen und jede Menge Knoblauch könnten auch drin gewesen sein. Ich hab mir nichts vorzuwerfen – ich habs zumindest versucht.
Die Koreaner lieben den großzügigen Einsatz von Knoblauch, man riecht es auch bei meinen Mitreisenden. Was bei keinem koreanischen Essen fehlen darf ist Kimchi. Vergorener Chinakohl mit gemahlenem Chili, Knoblauch, Zwiebeln und fermentierten
Meeresfrüchten gewürzt. Man liebt ihn, oder man macht wie ich einen großen Bogen darum.
In den darauffolgenden Tagen haben wir noch mehr traditionelle Speisen kennengelernt. Oft haben wir Jeongol gegessen. So eine Art Eintopf, bestehend aus Fleisch, Meeresfrüchten, Pilzen und Gemüse. Dieses wird auf dem Tisch geköchelt. Dazu immer wieder für mich neue fremdartige Beilagen, die man untermischen kann. Ganz ehrlich, ich weiß oft nicht, was ich gerade esse.
Bei diesen traditionellen Essen sitzen wir in der Regel auf dem Boden, nur unsere älteren Teilnehmer erhalten hier Sonderrechte. Der Essensbereich darf nicht mit Schuhen betreten werden. Ob es hygienischer ist, barfuß am Tisch Platz zu nehmen? – Naja. Ich lasse mich im Schneidersitz nieder, doch nach kurzer Zeit schlafen mir die Füße ein. Ich versuche sie unter den Tisch zu strecken, doch mein Gegenüber auch. Nicht zu vergessen, es wird mit Stäbchen gegessen. Lustiges Schauspiel, ich kann es einfach nicht. Mir kommt die ganze Esserei eher einer Fastenkur gleich. Da lass ich mir lieber eine Gabel reichen.

Man sagt, dass im alten Korea Essen nicht nur zur Nahrungsaufnahme dient, sondern zugleich Medizin für Körper und Geist sein soll. Bestimmt haben die Koreaner recht. Und ich sage: der beste Koch ist der Hunger. Ich habe im Laufe unserer Reise so Einiges probiert und vieles hat mir geschmeckt.
Also der Bauer frißt doch – auch wenn er es nicht kennt – manchmal.
So und daheim will ich einen Sauerbraten.

Text: Brigitte Feulner

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